Ciao Thomas!

„Willste mich nicht begrüßen”, raunzte mich Thomas freundlich an, am 12. Juli auf dem Rohrbacher Kerweplatz und umarmte mich dann. Es gab mal wieder eine Aktion, um den Wochenmarkt zu unterstützen. Mit dabei der Nachbarschaftskrach und mittendrin Thomas Nigl. Wenige Tage später verstieß der NaBaKra noch einmal gegen seinen Grundsatz „Keine Macht den Proben”, denn er wollte Thomas und seiner Frau ein Ständchen bringen zu ihrem gemeinsamen Geburtstagsfest am folgenden Samstag. Bei der Probe war Thomas noch dabei. Einen Tag später erlitt er eine schwere Hirnblutung. Am Abend des 21. Juli 2025 ist Thomas von uns gegangen.

Auftritt des NaBaKra auf dem Rohrbacher Wochenmarkt am 12. Juli 2025. Thomas Nigl am Tenorsaxofon.

Freundlich anranzen … Das ist nicht despektierlich gemeint. Das war Thomas. Auf der Bühne rief er schon mal ein „Seid Ihr bescheuert?” ins Publikum, warf mit Konfetti und brachte gekonnt ungelenk die Stimmung zum Kochen. „Na also, geht doch!”. Thomas´ Art, Veranstaltungen zu moderieren, kann man kaum beschreiben, man muss sie erlebt haben. Wie er auf der Bühne stand und mit einer unglaublichen Professionalität mal linkisch, mal grotesk übertrieben mit Showbewegungen das Publikum unterhielt.

Das erste Mal sah ich Thomas Nigl 1983 bei einem der ersten Sommerspektakel auf dem Wilhelmsplatz. Dem italophilen Zeitgeist entsprechend gab es Gaukler und Volksmusik von Pasta Fantasta. Mit dabei Thomas Nigl mit einem Sousaphon, groß, schlank und geschminkt (Thomas, nicht das Sousaphon).

Thomas Nigl 1983 mit Sousaphon.

2002 sah ich ihn in Rohrbach wieder. Da wo normalerweise fast nichts ist, auf dem kahlen Kerweplatz, war plötzlich Nix. Max Nix nämlich, die Rohrbacher Stimmungskanone. Und ein Zirkuszelt war da, eines, das so aussah, wie ein Zirkuszelt aussehen sollte. Anlass waren „10 Jahre Förderverein” der Eichendorffschule. Max Nix, bürgerlich Thomas Nigl, Erster Vorsitzender des Fördervereins, führte durch ein Programm voller akrobatischer und magischer Highlights, ausgeführt von Kindern und Jugendlichen der Eichendorff-Schule und ihren Eltern. Das war unglaublich und wunderbar. Und hieß Zeltrevue (https://derpunker.de/beitrag-anzeigen/zeltrevue-in-rohrbach.html). An diesem Event beteiligten sich jede Menge Leute, die später das kulturelle Leben im Stadtteil mitprägen würden, u.a. Martina Baumann mit ihrem Akkordeon in der „KaSaalPelle”.

Max Nix moderierte nicht nur, er zeigte u. a. den „Todesslalom” auf dem Einrad. Und den Nix'schen Striptease. Der allerdings im Keime stecken blieb und sich als Kartenspielertrick herausstellte. Aber „Hauptsach die Stimmung ist gut!”, erklärte Thomas, warf Konfetti, machte Showbewegungen und erhielt („für so'n Scheiss?“) massenhaft Applaus.

Thomas Nigl im Zirkuszelt am Mikrofon (2002).

Die Zeltrevue 2002 und ein Jahr zuvor die Saalrevue waren die Initialzündung für die rorcultur-Veranstaltungen, die zwischen 2004 und 2007 den Saal des Roten Ochsen füllten und von Thomas mitgeprägt wurden. An der Seite von Uwe Loda spielte er auch bei der Organisation der Veranstaltungen eine zentrale Rolle. Für die Mit-Organisatoren, zum Beispiel für mich als damaligen Vorsitzenden des punker, bot die spezielle Nix‘sche Orga-Fähigkeit jede Menge Chancen, flexibel auf sich ständig wandelnde Herausforderungen zu reagieren.

Ich würde zu gerne auf jede diese grandiosen Veranstaltungen eingehen, aber das würde den Rahmen nun wirklich sprengen. Guckt einfach hier nach …

Thomas Nigl führt als Polizist verkleidet Gustav Knauber von der Bühne des Roten Ochsen ab.

Das war eine geniale Zeit, eine unglaubliche, nicht wiederholbare Mischung aus Aufbruch, Engagement, Lebendigkeit, Kreativität und Chaos. Und immer vornedran oder mittendrin: Thomas Nigl, alias Max Nix.

Mittendrin auch der Nachbarschaftskrach, ein Rohrbacher Phänomen, das 2000 auf einer Geburtstagsfete als „Musik-, Bläser-, Brass- irgendwas” gegründet wurde und dessen eigentümliche Mischung aus Virtuosität und Wurstigkeit zu einem Markenzeichen des Stadtteils wurde. In der Rohrbacher „bläservative” spielten Eltern und Kinder, Laien und Profis. Darunter Thomas Nigl.

Thomas Nigl und Martina Baumann bei der rorcultur 2010.

Die rorcultur erlebte 2016 eine Renaissance, MaxNix präsentierte die Show als Abschluss der Feiern zur Festwochenendes „1250 Jahre Rohrbach”.

Thomas Nigl bei der rorcultur 2016. Kopfstand mit Tuba.

Und dann gab es noch 1000 andere Aktionen, bei denen Thomas ganz selbstverständlich mitwirkte. Der Nachbarschaftskrach unterstützte den Rohrbacher Wochenmarkt, er spielte auf dem Weinfest oder auch mal bei der Kerwe, war bei der Eröffnung des Mehrgenerationenhaushauses aktiv oder als das umgebaute Alte Rathaus in die Regie des Stadtteilverein überging. Thomas Nigl hat die Stadtteilkultur Rohrbachs in den letzten 25 Jahren entscheidend mitprägt. Er ist einer derjenigen, dem wir es zu verdanken haben, dass die Kultur bei uns so vielfältig ist, wie in kaum einem anderen Stadtteil.

Ein letztes Mal durften wir ihn beim Marktfrühschoppen am 12. Juli 2025 mit seinem kleinen Saxofon erleben. Nun hat er die Bühne für immer verlassen.

Rohrbach ist hat einen guten Freund verloren. Wir sind unendlich traurig und mit unseren Gedanken und Herzen bei seiner Frau Cornelia und seinen Töchtern.

Ciao Thomas. Wir hoffen, die Stimmung ist gut, da wo Du jetzt bist.
Falls nicht: das kriegst Du schon hin, bis wir nachkommen.

 

Hans-Jürgen Fuchs
für den punker

 

 

 

Der folgende Text ist ein Abschied des NaBaKra von seinem ChefChaosMusiker.

Thomas Nigl 2010 mit Karnevalskappe.

Thomas Nigl alias Maxnix
1954 – 2025

Er ist gegangen.
Einfach so.
Mitten aus dem Takt.

Ohne Vorzeichen, ohne Generalpause.
Der Mann mit dem Sopran-Sax,
mit der Stimme für die Straße und das Varieté,
mit dem Herz für das Abseitige, das Alberne, das Erhabene.

Unser Maxnix.
Gründungsmitglied, Conférencier, Klangchaot,
Impro-Gott, Tänzer auf dem schmalen Grat
zwischen Lachsalve und Lebensschmerz.

Seit den 90ern warst du unser Taktgeber,
unser Stimmenfänger,
unser kleiner, großer Bühnenrevolutionär.
Nie angepasst. Immer anspielbar.
Beim Weinfest genauso wie im Roten Ochsen, bei Kirchenfesten wie auf dem Plattbodenschiff.
„Keine Macht den Proben“ – das war dein Credo.
Und irgendwie klang’s trotzdem immer nach Musik. Nach dir.

Wir, die
Anarcho-Balkanband NABAKRA – Nachbarschaftskrach aus Rorbach,
weinen.
Lachen.
Proben vielleicht doch mal wieder.

Und spielen weiter,
mit einem leeren Platz in der ersten Reihe
und einem Lächeln im Takt deiner letzten Improvisation.

Mach’s gut, Maxnix.
Und grüß die Engel –
aber bring sie nicht gleich aus dem Konzept.

In Liebe und Dankbarkeit
Dein NaBaKra und seine Freunde
Heidelberg-Rorbach, Juli 2025