Sanierungsgebiet am Ende
Und die Bürger können sich nun woanders verweilen …
von Hans-Jürgen Fuchs (11.11.12)
Im Mai 2011 tagte der Runde Tisch zum Sanierungsgebiet Rohrbach zum letzten Mal. Im März diesen Jahres war das dort entwickelte Parkkonzept Thema im Bezirksbeirat. Und dann wurde es still um das Sanierungsgebiet. Geredet wurde umso mehr über Bahnstadt, Internationale Bauausstellung, Konversion und Bürgerbeteiligung.
In die Stille hinein plumpsten Meldungen wie die, das beschlossene Parkkonzept könne ob der Kosten erst 2013 realisiert werden, die 20.000 Euro seien zur Zeit unaufbringbar. Oder die Aussage des Baubürgermeisters Bernd Stadel in der RNZ, das Land stelle für die Konversion zu wenig Geld zur Verfügung. Dann, so Stadel, „können wir aber keine anderen Dinge mehr anpacken, weil bisherige Sanierungsgebiete nicht im gleichen Umfang fortgesetzt werden können … Aber das würde in letzter Konsequenz bedeuten, dass Sanierungsprojekte wie in Rohrbach oder Handschuhsheim nicht fortgesetzt werden könnten.”
Dann redete man weiter über Bahnstadt, Internationale Bauausstellung, Konversion und Bürgerbeteiligung.
Wir hier in Rohrbach, wir haben uns beteiligt. Über Jahre hinweg. Nach dem Start des Sanierungsgebiets und einigem Unmut, den die ersten Vorschläge des von der GGH mit den Voruntersuchungen beauftragten Büros Götz hervorgerufen hatten, haben wir die Initiative ergriffen. Für die Bürgerversammlung am 2. April 2008 schrieb der punker eine Stellungnahme zu den Entwürfen der Stadt zum Sanierungskonzept. Darin forderten wir „Informationen zu den Kosten der einzelnen Maßnahmen, die eine Prioritätensetzung erst möglich machen würden”. Außerdem wollten wir wissen, welche Mittel sicher zur Verfügung stehen würden und welche Gelder bereits anderweitig verplant waren, zum Beispiel für den Umbau am Rohrbach Markt, schließlich, welche Mittel noch für die Umgestaltung des öffentlichen Raums verwendet werden können. Das nämlich, die Umgestaltung des öffentlichen Raumes, war für uns immer prioritär.
Außerdem forderte der punker die Einrichtung eines Runden Tisches, an dem die Pläne für das Sanierungsgebiet mit den Betroffenen diskutiert werden sollten. Dieser wurde auch eingerichtet und tagte zwischen 2008 und 2011 insgesamt 15 mal mit jeweils etwa 10 – 15 Teilnehmenden. Bei einer durchschnittlichen Sitzungsdauer von 2 1/2 bis 3 Stunden kommt man so überschlägig auf 500 – 600 Arbeitsstunden die ehrenamtlich allein am Runden Tisch geleistet wurden, um sich mit privaten Baumaßnahmen, Beleuchtungskonzept, Verkehrskonzept, Parkkonzept, Straßenpflasterung, der Bachfreilegung, Platzgestaltungen, neuen Wegebeziehungen, der Schulhofneugestaltung, der Kerweplatzneugestaltung und vielem mehr auseinanderzusetzen.
Doch damit nicht genug. Hinzu kamen Bürgerversammlungen, Bezirksbeiratsitzungen und deren Vorbereitung, Arbeitskreistreffen, ein ganzes Wochenende, bei dem wir uns ausschließlich mit dem Thema Sanierungsgebiet beschäftigten, die Vorbereitung einer großen Veranstaltung in der Eichendorffhalle, zu der einige hundert Rohrbacher/-innen kam und vieles mehr.
Und immer wieder haben wir uns als Mahner gezeigt. Immer wieder haben wir gefordert, dass die vorhandenen Gelder offen gelegt werden, dass die Kosten für mögliche Umbaumaßnahmen quantifiziert werden, und dass wir Gelegenheit bekommen, Prioritäten für unseren Stadtteil festzulegen. In den Sitzungen des Runden Tisches vertrat Herr Götz allerdings eher die Meinung „Geld spielt keine Rolle”. Ich erinnere mich gut an eine Sitzung, bei der es um den Kerweplatz ging. „Wenn Sie wollen, bauen wir eine Tiefgarage dahin. Oder ein Jugendzentrum. Nur keine Denkverbote!”.
Wollten wir gar nicht – Tiefgaragen und Jugendzentren, schon gar keine Denkverbote. Auch keine in der Straße versenkbaren Parkplätze, die uns auch gezeigt wurden. Unsere Pläne waren gar nicht so hoch fliegend. Aber wir wollten das, auf das wir immer wieder vertröstet worden waren, immer dann, wenn es um Dinge ging wie die Sicherheit von Fußgängern und Schulkindern im alten Kern Rohrbachs: die „große Lösung”. Nach Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, sollte das nun endlich gelingen. Keine Luxussanierung wollten wir, sondern die Realisierung von Notwendigkeiten.
Und die Freilegung der Bach natürlich. Vom Runden Tisch vorgeschlagen, vom Bezirksbeirat im Oktober 2009 beschlossen.
Da kam erstmals das Kostenargument. Zu teuer sei das. Stattdessen favorisierte die Stadt den Umbau des Schulhofs der Eichendorffschule. Kosten: fast eine Million Euro. Entgegen eines eindeutigen Beschlusses sowohl des Runden Tisches, als auch des Bezirksbeirats, als Startprojekt für den öffentlichen Raum den Umbau des Rathausplatzes zu nehmen, wollte die Stadt ihr Projekt durchsetzen – natürlich mit Sanierungsgeldern finanziert. Die Umgestaltung des Rathausplatzes, so hieß es seitens des Stadtplanungsamtes im Bezirksbeirat, könne erst nach der des Schulhofes angegangen werden. Dabei käme es zu Verzögerungen, mehr noch: Ein Zeitpunkt für diese Maßnahme könne nicht genannt werden.
Und nun? Die Stille, die nach dem Mai 2011 eintrat, kam uns seltsam vor. Wir fragten beim Stadtplanungsamt nach, erhielten aber nur eine ausweichende Antwort. Also baten wir, das Thema auf die Tagesordnung des Bezirksbeirats am 8. November 2012 zu setzen. Und hier bestätigten sich dann alle unsere Befürchtungen. Es sollen gar keine neuen Gelder für das Sanierungsgebiet Rohrbach mehr beantragt werden, die Stadt habe wegen der Bahnstadt und der Konversionsflächen finanziell keinen Spielraum mehr. Die bereits angegangenen „Baustellen” wie Rathaus und Rathausvorplatz sollen zu Ende geführt werden, aber alles weiter gehende, wie Rathausstrasse, der Kerweplatz, das Beleuchtungskonzept u.s.w. sollen auf Eis gelegt werden.
Eine Beerdigung in aller Stille soll das also werden. Man braucht die Ruhe, um sich den wirklich wichtigen Themen wie Bahnstadt, Internationale Bauausstellung, Konversion und Bürgerbeteiligung zuwenden zu können.
Ja, die Bürgerbeteiligung. Für diejenigen, die Stunden und Tage in den Gremien des Sanierungsgebiets zubrachten, klingen die aktuellen Diskussionen wie Hohn. Da hat man schon einmal einen laufenden Prozess, in den sich Bürger/-innen engagiert einbringen und nutzt diesen nicht. Das Konzept macht jemand, dem Finanzierungsüberlegungen gleichgültig sind – dessen Büro aber ein gutes 6-stelliges Honorar erhält. Die Stadt, die selbst oder durch die GGH Auftraggeberin ist, nimmt das auch nicht in die Hand, sondern lässt Sitzung um Sitzung dahin plätschern.
Im Februar 2009, nach der 7. Sitzung des Runden Tisches, bemängelte der punker „Zwar gibt es ausführliche Protokolle, die akribisch notieren, wer was wie sagte … doch auch diese können nur beschreiben, wie die Behandlung der Inhalte von Sitzung zu Sitzung um die Einzelthemen herum kreiste, bzw. zwischen diesen hin und her pendelte. Welche Themen wurden besprochen? Da war der Schulhof …, die Freilegung der Bach, die mögliche Bepflasterung der Straßen …, die Freilegung der Bach, die Umgestaltung des Rathausplatzes, die Freilegung der Bach, das Schmücken der Straßen mit „grünen Brücken” (Weinreben oder Glyzienien), die Freilegung der Bach, die Parkraumsituation und – Sie ahnen es schon: die Freilegung der Bach. Wirklich zu Ende diskutiert, mit einer Empfehlung des Runden Tischs, wurde – nichts. Was nicht heißt, die Diskussionen wären sinnlos gewesen. Nur muss irgendwann auch einmal gesagt werde: „Das wollemer!" Oder halt nicht. Und genau das ist nicht passiert.”
Im aktuellen Arbeitsdruck im Stadtplanungsamt scheinen in all den Jahren immer andere Projekte Priorität besessen zu haben. Das Sanierungsgebiet Rohrbach wurde abgewickelt, Gelder, die man gut brauchen konnte, flossen in den Umbau von Rohrbach Markt (der schon lange vor der Ausrufung des Gebietes beschlossene Sache war) und den des Schulhofs der Eichendorffschule. Und jetzt ist halt Schluss.
Viele von uns in Rohrbach fühlen sich nun verarscht. Aber: nö Leute, das ist keine Verarsche. Das ist eine Mischung aus einer Prioritätensetzung und viel Gleichgültigkeit. Wir im Süden zählen einfach nicht – Bahnstadt, Internationale Bauausstellung, Konversion und Bürgerbeteiligung – das zählt wirklich. Das kann man sich an die Brust heften. Wen interessieren da schon 15.000 Hansel in Rohrbach?
Oh Leute, möchte man schreien, das darf doch nicht wahr sein! Da beschäftigt Ihr Professoren und Gremien und nehmt viel Geld in die Hand und klopft Euch auf die Schultern, weil Ihr so tolle Bürgerbeteiligungskonzepte entwickelt. Und da, wo sich Bürger wirklich engagieren, keine Contra-Bürgerinitiativen gründen, sondern die Umgestaltung ihres Stadtteils mit in die Hand nehmen, da lasst ihr sie in schlecht moderierten Sitzungen braten, um sie dann ohne warmen Händedruck heimzuschicken. Das Beschlossene wird vielleicht fertig gestellt, das Parkkonzept vielleicht 2013 realisiert, wenn dann die 20.000 Euro da sind. Und nebenan, im Quartier, richtet man den nächsten Runden Tisch ein. Mit externer Moderation diesmal – für 70.000 Euro. Die wohl da sind …
Und die Bürger, die sich unbedingt beteiligen wollen, können sich ja dort verweilen – oder bei den viel wichtigeren Konversionsveranstaltungen.
Die Bürger aber, die überlegen sich vielleicht doch, ob sich das lohnt. All das Engagement. Hätte man gearbeitet in dieser Zeit, könnte man vom Verdienst jetzt unter Palmen liegen und nicht im Novembergrau sitzen. Und das, liebe Verantwortliche in Stadtverwaltung und Gemeinderat, das werden immer mehr bisher Engagierte tun. Aber bleibt uns dann mit einem Lamento zu Politikverdrossenheit vom Hals! Bürgerbeteiligung ist keine Unterhaltungsshow für Gelangweilte mit Zettelchen und Pünktchen kleben. Wenn Ihr Bürgerbeteiligung wirklich wollt, dann hört einfach zu. Und nehmt uns ernst. Bürgerbeteiligung ist für uns nämlich eine ernste Sache. Wir wollen mitreden, mithelfen, unsere Erfahrungen einbringen und etwas bewirken. Und sind bereit, dafür sehr viel Freizeit zu opfern. Aber wenn das so läuft wie nun beim Sanierungsgebiet Rohrbach, dann werden immer mehr Bürger sagen: Macht Euern Sch … alleine!
Was tun?
So, das musste sein! Und nun? Es ist meines Erachtens müßig, sich jetzt noch Gedanken darüber zu machen, welche Gelder wo hin geflossen sind und hätten besser woanders hin fließen sollen. Meines Erachtens gibt es nun zwei klare Forderungen:
- Alle bereits beschlossenen Projekte müssen uneingeschränkt und qualitätsvoll umgesetzt werden: Der Umbau des Rathausplatzes und des Rathauses und die Realisierung des Parkkonzepts.
- In den nächsten Doppelhaushalt 2013/2014 müssen Mittel für Vorplanungen zur Umgestaltung der Rathausstraße von der Herrenwiesenstraße bis zur Linde und der Leimerstraße bis zum Burnhofweg eingestellt werden. Die Umsetzung dieser Planungen sollte dann 2015 erfolgen.