Eröffnung von Rohrbach Markt

Rede von Hans-Jürgen Fuchs

(28.11.2009)

Einleitung

Der gesamte Bereich zwischen Rohrbach Markt und der ARAL-Tankstelle wurde neu gestaltet: Aufpflasterungen, Parkbuchten, viele Bäume, neue Beleuchtung. … Die Einfahrt in den Lindenweg wurde aufgepflastert, was zu einer Verlangsamung des abbiegenden Verkehrs führt und so Fußgängern eine sichere Querung ermöglicht …

Der „Knackpunkt", der Fußgänger-Überweg am Rohrbach Markt, wurde entschärft. Die beiden bisherigen Querungen wurden zu einer breiten Schneise zusammengelegt. Auf beiden Straßenseiten sorgen Bäume für eine optische Einengung der Straße und erhöhen das Sicherheitsempfinden der Menschen. …

An der Tankstelle sorgt ein neuer Fußgängerüberweg für mehr Sicherheit für Fußgänger.

Und: Es sind keine Parkplätze weggefallen. Das Anfahren der Geschäfte mit PKWs blieb uneingeschränkt gewährleistet.

Sie überlegen: „Warum erzählt der Fuchs uns das alles. Das sehen wir doch selbst!” Nun, der Grund ist, dass es sich tatsächlich nicht nur um eine Beschreibung des Ist-Zustands handelt, sondern um Zitate aus einem Artikel, der die Forderungen der Initiatoren für den Umbau am Rohrbach Markt benannte – im Herbst 2001.

Ursprünglich hatten wir zusätzlich gefordert, den Durchgangsverkehrs aus Rohrbach Markt zu verbannen und das Rechts-Abbiegen am Rohrbach Markt für den aus Süden kommenden Verkehr zu unterbinden. Diese Vorstellung mussten wir aber im Laufe des Prozesses aufgeben. Trotzdem sehen Sie: Wenn wir heute hier sind, dann haben wir wirklich Grund zu feiern, wurde unser Konzept doch weitgehend umgesetzt.

Einfach war das alles nicht. Es erforderte viel Arbeit, einen breiten Rücken – und einen dicken Schädel. Der Umbau am Rohrbach Markt war auch ein Lehrstück in Sachen bürgerschaftlichen Engagements. Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, die Geschichte des Umbaus von Rohrbach Markt in fünf Akten Revue passieren zu lassen.

1. Akt

Der Geburt der Idee stand eine unschöne Entwicklung Pate: Innerhalb weniger Monate schloss am Rohrbach Markt ein halbes Dutzend Läden. Ich schrieb damals einen Artikel „Wider die Verödung” im punker, in dem es u.a. hieß:

„Immer wenn wir über Probleme im Stadtteil diskutieren, stoßen wir auf Rohrbach Markt. Denn hier liegt Rohrbachs Zentrum. Und wir stoßen auf den Verkehr, der die beiden Teile Rohrbachs trennt. Und das nicht erst seit gestern.”

Ich erinnerte an die Workshops zum Stadtteilrahmenplan 1997: Worum es in den Arbeitsgruppen auch immer ging, Kinder, Ältere, Gewerbe, immer wieder landete man beim Verkehr – und beim Thema Rohrbach Markt. Las man das Resümee der Workshops und die daraus resultierenden Vorschläge merkte man, dass seit 1997 nichts Entscheidendes passiert war. Jedes der angesprochenen Probleme bestand fort und hatte sich zugespitzt.

2. Akt

Wir wollten es nicht bei einer Warnung vor dem Ausbluten des Rohrbacher Zentrums belassen. Der Stadtteilvereinsvorsitzende Bernd Frauenfeld lud Uwe Bellm, Gernot Hois, Ursula Röper und mich ein, gemeinsam einen Vorschlag für den Rohrbach Markt zu entwickeln. Was wir schließlich forderten war ein Zentrumskonzept für Rohrbach. Wir wollten den Läden auf der grünen Wiese ein lebens- und liebenswertes Zentrum entgegen setzten, in dem Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer einkaufen, einen Kaffee trinken und sich wohl fühlen können.

Uwe Bellm stellte seinen Entwurf zunächst dem Stadtteilvereinsvorstand vor, dann einer Runde mit dem Gewerbeverein und 40-50 Vertreter/innen des örtlichen Gewerbes und den punkern. Jedes Mal wurde der Entwurf nach ausgiebiger Diskussion einhellig gut geheißen.

Im Juni 2002 fand ein Runder Tisch statt, an dem neben Vertreter/innen des Stadtteilvereins der Erste Bürgermeister Dr. Raban von der Malsburg, Diethelm Fichtner, Leiter des Stadtplanungsamtes, Werner Hoffmann, der Vorsitzende des Gewerbevereins und Gemeinderäte aller Fraktionen teilnahmen. Auch hier stellte Uwe Bellm das Konzept vor und stieß von allen Seiten auf Zustimmung.

3. Akt: Öffentlichkeitsarbeit

Nach diesen nicht öffentlichen Veranstaltungen gab es viele Gelegenheiten für die Öffentlichkeit mit zu diskutieren.

  • Eine punker-Veranstaltung

  • Ein in hoher Auflage im Stadtteil verteiltes Faltblatt

  • Infos über unsere Website

  • Eine öffentliche Veranstaltung von Stadtteilverein, punker und Gewerbeverein im Oktober 2002

  • Drei Diskussionen zum Verkehrskonzept Rohrbach, mit reger Teilnahme zu der die Stadt von 2003 bis 2004 einlud

  • Mehrere Diskussionen im Bezirksbeirat

  • Ausführliche Berichte in der RNZ

Alle diese Veranstaltungen endeten mit einem eindeutigen, zumeist einstimmigen Votum für den Umbau in der von uns vorgeschlagenen Form. … und wir meinten, die Sache sei gelaufen. Doch dann kam im 4. Akt das klassische retardierende Moment…

4. Akt: Rückschlag

In letzter Minute - Ende April 2005 - drohte ein Stopp. Der Pläne Mit teilweise haarsträubenden Behauptungen die sich ungeprüft in der Presse wiederfanden, erzwang eine sogenannte „Interessens­gemeinschaft Rohrbach Markt” eine Entscheidungsschleife. OB Beate Weber nahm den Punkt von der Tagesordnung der Gemeinderatsitzung und verwies ihn zurück in den Rohrbacher Bezirksbeirat, der in einer außerordentlichen Sitzung am 10. Mai 2005 erneut entscheiden musste.

Die Sitzung, die wegen des großen öffentlichen Interesses in der Aula der IGH stattfand, wurde von Beate Weber selbst geleitet. Sie lobte in Ihrer Einleitung ausdrücklich das Engagement von Stadtteilverein, punker und anderen als vorbildliche bürgerschaftliche Initiative. In der Diskussion wurde deutlich, dass der überwiegende Teil der anwesenden Gewerbetreibenden Veränderungen und Verbesserungen am Rohrbach Markt sehr wohl begrüßen würde. Lediglich das vorgesehene Abbiegeverbot von Süden weckte Befürchtungen.

Schließlich schlugen wir als Kompromiss vor, das Abbiegen von Leimen kommend weiterhin zu ermöglichen, ansonsten aber den Umbau wie geplant zu realisieren. Der Autoverkehr sollte auf den Gleisen der Straßenbahn geführt werden um trotz allem zu einer Verkehrsberuhigung zu kommen. Mit dieser Lösung waren alle Bezirksbeiräte einverstanden. Auch ein Großteil der Gewerbetreibenden zeigte sich zufrieden.

Sicher hätten wir damals – mit Mehrheit – auch das ursprüngliche Konzept durchpauken können, im Bezirksbeirat wie im Gemeinderat. Nur: Zu welchem Preis? Unsere Arbeit war in all den Jahren auf Transparenz, Integration und Konsens gerichtet. Ein Kompromiss, der uns einen Großteil unserer Vorstellungen realisieren ließ, war die beste Lösung. Niemand musste sein Gesicht verlieren - wie es die RNZ im Vorfeld mutmaßte. Das Projekt blieb ein gemeinsames – über Partei- und Interessensgrenzen hinweg. Gewonnen hatten damit der gesunde Menschenverstand – und das Rohrbacher Zentrum.

5. Akt

Mit dieser Sitzung war der politische Prozess nun wirklich weitgehend ausgestanden. Interessant vielleicht noch eine Anekdote am Rande. Die entscheidende Sitzung des Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss fand parallel zum letzten Vorrundenspiel der deutschen Mannschaft in der Fußballweltmeisterschaft 2006 statt. Zunächst wurden Tore per Zeichensprache in die Sitzung übermittelt, doch kurz vor Ende der 1. Halbzeit, just bei meinem Statement als Abgesandter des Bezirksbeirat, verschwanden die Architektenpläne von der Großleinwand im Rathaus und die Länderspielübertragung wurde eingeblendet. Das war so faszinierend, dass die anwesende Presse in ihrem Zweispalter am folgenden Tag völlig vergaß, über den Inhalt der Sitzung ein Wort zu verlieren und nur über die fußballerischen Aspekte berichtete …

Im November 2006 wählte Heidelberg Dr. Würzner zum neuen Oberbürgermeister. Unter seiner Ägide schritten die Planungen zügig und zielgerichtet voran. Letzter Akt in der Reihe der politischen Entscheidungen war schließlich die Sitzung des Gemeinderats am 20. Dezember 2007. Ohne Gegenstimmen wurde die Ausführungsgenehmigung erteilt und die für den Umbau notwendigen Mittel in Höhe von ca. 4,5 Mio € bewilligt.

Mit Baubeginn im Mai 2008 war die Sache für die meisten von uns gelaufen. Nicht so für Klaus Weirich, für den die Arbeit als Baustellenbeauftragter nun erst richtig begann. Und auch nicht für Uwe Bellm, der weitehin um jeden Baum kämpfte, die Verlegetechnik des Pflasters prüfte und bis ins Kleinste auf der Realisierung der Pläne bestand. Bei vielen anderen Projekten bleiben entscheidende Details im letzten Moment auf der Strecke. Uwe Bellm hat das durch seine ständige Präsenz verhindert. Und Klaus Weirich hielt ihm den Rücken frei und sorgte dafür, dass Anwohner und Gewerbe nicht unnötig belastet wurden. Vor allem diesen beiden ist es zu verdanken, dass aus einer guten Initiative und guten Plänen ein gutes Ergebnis wurde …

Vor Baubeginn, im April 2008, hatte die Stadt noch einmal in einer Bürgerversammlung informiert. Obwohl eine Menge Leute der Einladung folgten, waren kaum kritische Stimmen zu vernehmen. Rohrbach freute sich auf sein neues Zentrum. Das spürte auch Sitzungsleiter Raban von der Malsburg. Er schloss die Sitzung mit den Worten: „Das war meine bisher schönste Bürgerversammlung!”

So ist das: Wir können kräftig streiten in und für Rohrbach, aber wir können auch Kompromisse finden und damit etwas in Gang setzen ...