Die Fuchssche Waggonfabrik

Rätsel um ermordete Fuchs-Zwangsarbeiter gelöst

(20. Juni 2011)

von Ludwig Schmidt-Herb

Es ist nun schon fast 10 Jahre her, da wurde in einer punker-Veranstaltung über die Fuchs'sche Waggonfabrik die Frage gestellt, ob jemand Näheres wisse über eine dort in der Nazizeit stattgefundene Hinrichtung von Zwangsarbeitern. Aber außer vagen Gerüchten vom "Hörensagen" und dem Hinweis auf eine Gewerkschaftsbroschüre war damals nichts darüber zu erfahren.

Nun ist durch einen Zeitungsartikel in der RNZ v. 17.6.2011 Licht ins Dunkel dieser Angelegenheit gekommen. Dieter Fehrentz vom VVN-BdA (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes / Bund der AntifaschistInnen) hat diese Vorfälle erfolgreich recherchiert und kann folgende Fakten präsentieren:

Am 28. August 1944 sind in der Fuchs'schen Waggonfabrik in Rohrbach von Männern der SA / SS fünf sowjetische Zwangsarbeiter erhängt worden. Deren Namen konnten aus dem Sterberegister der Stadt Heidelberg ermittelt werden, wo sie seit 1944 eingetragen sind:

Nikolai Ewdokimow (*8.8.1924)
Alexej Bjelow (*1.10.1922)
Wassili Skorkin (*1.1.1925)
Anatolji Bachatschow (*8.2.1923)
Pawel Chrebor (*10.2.1923).

Für sie alle wird als Todeszeitpunkt 12:30 Uhr angegeben, als Todesursache "Erstickungstod". Als Zeuge sagt der Kriminalangestellte Kraus aus, er sei "aus eigener Wissenschaft" von den Todesfällen unterrichtet.

Alle fünf Ermordete stammten aus der Ukraine und waren Zwangsarbeiter bei Fuchs-Waggon, untergebracht waren sie in "kleinen, verwahrlosten Baracken" auf dem nahen Kirchheimer Bahnhofsgelände, wie die Augenzeugin Frau Zambelli berichtet: "Die Verpflegung und Behandlung der Gerfangenen war so menschenunwürdig, daß es hie und da vorkam, dass sich die Gefangenen aus Eisenbahnwaggons Verpflegung holten. (...) Die Hinrichtung ist so vollzogen worden: Ein junger Russe (wir nannten ihn den kleinen Stalin) mußte die Holzkisten, auf denen die Russen standen, wegschieben. Herr Fuchs, der Fabrikdirektor, hat sich an diesem Tag aus dem Staub gemacht, damit später keiner sagen konnte, er wußte von alledem. Jeder, der sich gegen diese Methoden der Nazis gewandt hätte, hätte ein ähnliches Schicksal erwartet. Später wurde uns gesagt, daß die russischen Gefangenen Gift getrunken hätten und gestorben wären".

Dieser Augenzeugenbericht ist abgedruckt in dem Dokumetationsband "Damit nichts bleibt wie es ist. Dokumente zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Heidelberg 1845 – 1949. Bearbeitet von Peter März. Hrsg. Von der Verwaltungsstelle Heidelberg der Industriegewerkschaft Metall. 3 KI – Verlag, Kösching 1986", S. 230f, Nr. 65.

Damit sind die Tatsachen bekannt, und die Forderung, die Gernot Hois schon damals bei der punker-Veranstaltung stellte, auf dem ehemaligen Fuchs-Gelände, heute "Quartier am Turm", eine Gedenktafel für die Ermordeten aufzustellen, wird nun auch von der VVN erhoben, die sogar noch weiter geht, inden sie "einen würdigen Gedenkort mit den Namen der ermordeten sowjetischen Zwangsarbeiter" vorschlägt und die Stadt Heidelberg dazu auffordert, "alles dafür zu tun, die Angehörigen der Hinrichtung ausfindig zu machen und – soweit das irgend möglich ist – finanziell zu entschädigen".

Dem können wir uns nur anschließen!

Leben in Rohrbach - erzählt:
Die Fuchssche-Waggonfabrik

(31. Januar 2002)

von Hans-Jürgen Fuchs

der »punker« lud ein zu seiner ersten Veranstaltung in der neuen Reihe "Leben in Rohrbach - erzählt". Mit diesem Konzept wollen wir die Geschichte unseres Stadtteiles lebendig machen, indem wir Fakten und Geschichten, Gelesenes und Erlebtes, Alteingesessene und Neubürger/innen zusammenbringen. Die erste Veranstaltung der Reihe widmete sich der Fuchsschen Waggonfabrik, die sich auf dem "Furukawa"-Gelände befand und von der nach dem kürzlichen Abriss nur noch wenige Mauern stehen.

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Und es kamen so viele Menschen, dass die Stühle in der Traube kaum reichten. Und es kamen sehr unterschiedliche Menschen. Da waren die, die an Heimatgeschichte interessiert sind, die Technikinteressierten, Eisenbahnfreaks und Punkerfans. Ein bunt gemischtes Publikum, das interessiert die Präsentation am PC von Gernot Hois verfolgte, die historischen und anekdotischen Ausführungen von Klaus Dietz, der Folien und andere Materialien beisteuerte, wie zum Beispiel ein Original Waggonschild aus Gusseisen und die Eindrücke, die Gustav Knauber vermittelte. Dieser steuerte auch ein Mundartgedicht bei, dass seine Trauer über das Verschwinden der alten Fabrik, von der nur wenige Mauern übriggeblieben sind, zum Ausdruck brachte.

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Das anschließende Gespräch klärte viele Fragen, nur nicht die, die die meisten Emotionen auslöste: Sind im Nationalsozialismus Zwangsarbeiter in der Fabrik erhängt worden? Eine Aussage, dies sei so gewesen, basiert angeblich auf einer Broschüre der IG-Metall Heidelberg. Der Werksinhaber habe damals das Werk verlassen, was seine Missbilligung ausgedrückt habe. Von den Anwesenden konnte das Geschehen aber niemand verlässlich bestätigen oder widerlegen. Gernot Hois schlug vor, zu versuchen, den Sachverhalt zu klären und falls er sich bestätige, mit einer Gedenktafel vor Ort im Gedächtnis zu bewahren.

"Die Fuchschen Waggonfabrik" war ein guter Einstieg in die neue Veranstaltungsreihe des »punker«. Ich denke "Erlebte Geschichte - erzählt" wird Fortsetzungen erleben...

Inhaltliches zum Waggonbau bei Fuchs finden Sie auf der Website der Eisenbahnfreunde Heidelberg.

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De alde Fuchs

von Gustav Knauber

Januar 2001

De Fuchs-Waggong isch abgerisse,
elf Hekdar lieje brooch un leer.
Was iwwer hunnert Johr gedauert,
wiegt in Erinnerunge schwer.

Nooch Weschde zu isch's heller worre.
Die Owendsunn scheint länger rei,
liggt iwwer grouße Trimmerhaufeun
un hillt sie ins Vergesse ei.

De Fuchs-Waggong (des ald Gemaier),
der isch sou gut wie ausradiert,
frei isch de Blick e Weil nooch Keersche,
daß d Nochbarsnäh mer sieht un spiirt.

Die Krabbe, wu dagdäglisch gflorre
vun Nord nooch Siid, vun Siid nooch Nord,
die hewwe schnell ihrn Flug geännert:
Ihr Iwwernachdungsbeem sin fort!

Was iwwer hunnert Johr gedauert,
... zisch dausend Mensche hot ernährt,
hot iwwer Nacht die Neizeit gfresse
un Guds ins Gejedaal verkehrt.

Die Mauere, die grouße Hallesin lauthals in sich zamme gschterzt. -
Doch der blouß, wu dort uffgewachse,
waaß, wie e Denkmalschändung schmerzt.

Des Denkmal Fuchs - Harvester - Dresser
un Furukawa liggt wie Blei
mir uff de Seel, gräbt dief un diefer
sich schmerzhaft ins Gedächtnis ei.

Ich hebb gelebt bei denne Halle
un hebb ihrn Pulsschlag däglisch gheert,
des Drehne hinner denne Mau're. -
Ich waaß jetz, daß nix ewisch währt.

Soll ich jetz lache odder heile?
Zwaa Seele in de Bruscht im Streit!
Ich muß mich woll em Fortschritt beije.
Aa s Neischde frißt emol die Zeit. -

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Eine andere Heimatgeschichte

Projekt an der Integrierten Gesamtschule Mannheim - Herzogenried

Ein Projekt an der Integrierten Gesamtschule Mannheim - Herzogenried dokumentiert die Zwangsarbeit von lothringischen Männern und Jungen, die im Herbst 1944 aus ihrer Heimat verschleppt worden waren. Sie wurden zum großen Teil zur Zwangsarbeit in den Rhein-Neckar-Raum gebracht, u.a. in die Fuchssche Waggonfabrik in Heidelberg-Rohrbach (die die Schüler irrtümlich unter "Kirchheim" führen). Am Beispiel persönlicher Schicksale ist es möglich, sich eine Vorstellung von der allgegenwärtigen Realität der NS-Zwangsarbeit zu verschaffen.

Diese Internetarbeit bildet den der Abschluss eines jahrelangen Projekts. Sie finden die Dokumentation hier. Leider funktioniert sie z.Z. nur mit dem Internetexplorer von Microsoft, ausschließliche Mozillanutzer bleiben also ausgesperrt :-(