Bäume statt Kübel

Bauausschuss unterstützt Rohrbacher Forderungen

von Hans-Jürgen Fuchs

Bauausschusssitzung am 15.11.2011. Internationale Bauasusstellung, Bebauungsplan Holbeinring und mehr. Nach 3 1/2 Stunden Wartezeit der TOP 8: 3. Bauabschnitt der Rohrbacer Straße. Diskussionen um Begriffe: Mehrkosten oder Einsparungen. Das Tiefbauamt signalisiert: Natürlich können Bäume gesetzt werden, das ist eine Frage des politischen Willens. Und: Verursacher der „Mehrkosten” ist nicht die Rohrbacher Bevölkerung, sondern sind die Stadtwerke, die nach den Vorplanungen den Wunsch nach Verlegung der Fernwärmerohre geäußert haben.

Viel Verständnis für die Rohrbacher Forderungen bei fast allen Fraktionen. Zum Glück wenig Verständnis für den originellen Vorschlag des grünen Gemeindesrats Frank Wetzel, der statt der Bäume „mobiles Grün” stellen wollte. Blumenkübel. Kopfschütteln auch bei den eigenen Leuten. Wetzel stellt trotzdem seinen Antrag zur Abstimmung und erhält Zustimmung nur von Dr. Ursula Lorenz (FWV) und Margret Hommelhoff (F.D.P.). Ganz anders Ernst Gund (CDU). Er berichtet von einem Rohrbachbesuch und dem vielstimmigen Einverständnis mit den Forderungen des Bezirksbeirats.

Schließlich die Abstimmung: 9 Räte unterstützen die Rohrbacher Forderungen, 3 enthalten sich, keine Gegenstimmen. Die erste Hürde ist genommen …

Qualität und Baukultur statt Einfallslosigkeit!

Der Umbau der Karlsruher Straße muss wie geplant vollendet werden!

von Hans-Jürgen Fuchs

Blick in der StraßenabschnittBezirksbeiratssitzung am 8.11.2011. Beinahe untergegangen im Wust der Unterlagen zum Bebauungsplan Am Holbeinring und zur Verkehrssituation im Quartier am Turm wäre ein Thema, das für den Stadtteil von großer Bedeutung ist: der 3. Bauabschnitt der Karlsruher Straße für das Gebiet zwischen Eichendorffplatz und Am Rohrbach, konkret die Beschlussvorlage zur Ausführungsgenehmigung. Dort hieß es u.a. "Von der anfänglichen Variante den Seitenraum mit Baumpflanzungen aufzuwerten wird Abstand genommen. Vor allem im östlichen Gehwegbereich ist kein Platz für Bäume, da dort die neu zu bauende Fernwärmeleitung liegen wird und der zur Verfügung stehende Querschnitt für die Ver- und Entsorgungsleitungen dadurch schon extrem belastet ist. Eine Realisierung von Baumstandorten würde hierdurch zu unverhältnismäßig hohen Zusatzkosten führen."

Das nun gefiel den Bezirksbeiräten gar nicht. Sie erzürnte nicht nur, dass die Bäume eingespart werden sollten, sondern auch die Art, wie Herr Kissel vom Tiefbauamt versuchte ihnen dieses Vorhaben zu begründen. Kissel nannte drei wesentliche Begründungen:

  • Die Planungsänderung sei Folge geänderter politischer Rahmenbedingungen, die Energiewende erfordere einen verstärkten Ausbau der Fernwärme. In diesen Abschnitt der Karlsruher Straße müssten zwei Fernwärmeleitungen gelegt werden, was das Setzen von Bäumen erschwere.
  • Folglich würde das Pflanzen auch zu enormen Mehrkosten führen, die Rede war von 160.000 Euro plus zusätzlicher Kosten für die Stadtwerke.
  • Ein Umbau mit Bäumen würde zu "unzumutbaren Mehrbelastungen" für Anwohner und Gewerbe führen, da wurde gar das Schreckgespenst "Straßenbahn Kirchheim" beschworen …

Sind die Befürworter der ursprünglichen Planungen also Ökofrevler, Geldverschwender und Gewerbeschädiger? Kissels Argumentationslinie kam im Bezirksbeirat gar nicht gut an, wurde und als unangemessen, ja polemisch wahrgenommen. Warum?

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Ökologie oder Bäume?

Die Energiewende musste als erstes Argument herhalten. Anderes als vor drei Jahren, plane man nun gleich zwei Fernwärmeleitungen in den Abschnitt der Karlsruher Straße zu legen. Diese machten es fast unmöglich, trotzdem noch Bäume zu setzen. Aber in der heutigen Situation könne man auf die Fernwärme nicht mehr verzichten. Will man dieser Argumentation folgen, muss die Energiewende sehr überraschend über Tiefbauamt und Stadtwerke hereingebrochen sein.

Was Herr Kissel nicht sagte ist, dass die Bäume gar nicht in dem Bereich gepflanzt werden sollen, in dem die Fernwärmerohre normalerweise liegen. Die Baumquartiere der Bäume kommen in den Bereich des Fußwegs,bzw. der Parkbuchten, in dem die Leitungen für Gas, Wasser und Strom liegen, die Fernwärmerohre werden aber eher im Fahrbereich zwischen Fußweg und Gleisbett der Straßenbahn verlegt. Auch im Bereich des Rohrbach Markt waren für die Baumquartiere besondere Schutzmaßnahmen nötig – gepflanzt werden konnten die Bäume trotzdem.

Der Versuch, Bäume gegen Ökologie ausspielen zu wollen ist also eigentlich ein ziemlich unfaires Spiel …

Mehrkosten? Welche Mehrkosten?

Die Vorplanungen aus den Jahren 2008/09 hatten insgesamt drei Baumgruppen mit je vier Ulmen vorgesehen. Damit sollten die Prinzipien des Bauabschnitts am Rohrbach Markt fortgesetzt werden, denn das planende Büro ap88 und mit ihm die Aktiven im Stadtteil sahen die Strecke immer als Einheit – als prägenden Eingang in den Stadtteil. Die Bäume waren also von Anfang an Bestandteil des Plans. Es geht also in Wahrheit nicht darum, dass sie Mehrkosten verursachen, sondern dass die Stadt durch die Streichung der Bäume EINSPARUNGEN realisieren will. Wenn dem aber so ist, sollte man das auch so nennen und nicht versuchen, denjenigen die auf den ursprünglichen Planungen bestehen, zu unterstellen, dass die der Stadt zusätzliche Lasten aufbürden. Die Kosten für die Bäume zunächst aus der Berechung zu entfernen um sie dann als "Mehrkosten" wieder aufzuführen ist letztlich nichts anderes als ein rhetorischer Trick …

Gewerbeschädiger?

"Wider die Verödung" hieß ein Artikel, mit dem der punker im Oktober 2001 vor einem massiven Geschäftesterben in Rohrbachs Zentrum warnte. "Der Elektroladen, Tengelmann und die Metzgerei Phillip am Rohrbach-Markt, Mascha Moden und der Kleine Bär, die Metzgerei Haberstroh am Rathaus und das Malibuj-Sonnenstudio…", hieß es darin, "in immer mehr Schaufenstern liest man "Zu vermieten". Und auf dem "Markt" steht inzwischen auch nur noch ein einsamer Stand. Stück für Stück schreitet die Verödung im Rohrbacher Zentrum voran." Wir fragten nach dem Grund dafür und forderten, dass Initiativen im Stadtteil endlich aufgegriffen werden sollen: den samstäglichen Markt ans Rathaus zu verlegen, Umbaumaßnahmen, die die Rathausstraße für Kinder und Ältere sicherer machen und vor allem: Veränderungen am Rohrbach Markt?

Stadtteilverein und punker ergriffen gemeinsam die Initiative und setzten den Umzug des Wochenmarkts und nach langen, arbeitsreichen Kämpfen einen qualitätsvollen und inzwischen sogar prämierten Umbau von Rohrbach Markt durch. Und heute? In derselben Sitzung des Bezirksbeirats am 8.11.2011 stand auch die aktuelle Situation der Nahversorgung im Stadtteil auf der Tagesordnung. Ulrich Jonas, Leiter des Amts für Wirtschaftsförderung und Beschäftigung bestätigte, dass die Nahversorgung in Rohrbach und speziell im Zentrum völlig intakt sei. Rohrbach sei so gut versorgt, dass es sogar Menschen aus umliegenden Stadtteilen anziehe. Keine Rede also mehr von Krise und Verödung. Einer der Gründe dafür ist sicher der erfolgreiche Umbau am Rohrbach Markt, der zu einer entscheidenden Aufwertung des Bereichs geführt hat. Denjenigen, die dies mit bewirkt haben nun zu unterstellen, sie nähmen eine Schädigung des örtlichen Gewerbes zumindest billigend hin ist – freundlich gesagt – ein wenig taktlos.

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Der Bezirksbeirat

Angesichts dieser Fakten wundert es nicht, dass die städtische Vorlage und deren Präsentation die Bezirksbeiräte "in Rage" brachte, wie es Werner Popanda in einem ausführlichen Artikel der Rhein-Neckar-Zeitung ausdrückte. Der Bezirksbeirat Rohrbach fordert einstimmig bei einer Enthaltung,

"dass auch der dritte Teilabschnitt des Umbaus der Karlsruher Straße den hohen städtebaulichen Anforderungen dieses Eingangs in das Stadtteilzentrum gerecht wird. Die Neugestaltung wird über Jahrzehnte hinweg die Einfahrt prägen. Der Bezirksbeirat fordert deshalb, dass die in den Vorplanungen vorgesehene Aufwertung durch Baumpflanzungen ohne Abstriche durchgeführt wird."

Unterstützung durch den Stadtteilverein

Auch der Rohrbacher Stadtteilverein besteht darauf, dass die ursprünglichen Planungen beibehalten werden. In einem Brief des 1. Vorsitzenden Frauenfeld an den 1. Bürgermeister Bernd Stadel heißt es: "Der Verlust der geplanten Begrünung im Gesamtbereich bedeutet eine derartige Beschneidung in der Qualität, die mit den angeführten Kostenerhöhungen nicht begründet werden kann. … Im Ergebnis geht der Statteilverein Rohrbach mit der deutlich manifestierten Ansicht des Bezirksbeirats einig. … Aus Rohrbacher Sicht sollte jeder Versuch unternommen werden, diese … Unterlassungssünde zu vermeiden."

Appell an den Gemeinderat

Der Rohrbacher Bezirksbeirat entsandte Hans-Jürgen Fuchs als Vertreter in die Sitzung des Bauausschusses am 15.11.2011. Dort wird eine erste Vorentscheidung fallen. Wir appellieren an die Gemeinderäte: Sorgen Sie dafür, dass die ursprünglichen Planungen umgesetzt werden und dass nicht wegen einer Einsparung von 160.000 Euro eine Chance vergeben wird. Das hat Rohrbach nicht verdient – und die Gesamtstadt auch nicht. Eine Stadt, die sich anschickt eine Internationale Bauausstellung auszurichten, sollte Baukultur nicht einer unschuldigen Fernwärmeleitung opfern!

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Der Brief des Stadtteilvereinsvorsitzenden Frauenfeld

Der Brief fasst die Bedenken im Stadtteil pointiert zusammen. Wir dokumentieren ihn deshalb hier ungekürzt:

Sehr geehrter Herr Stadel,

aus gegebenem Anlass möchte ich mich im Namen des Stadtteilvereins in obiger Sache an Sie wenden.
Aus der Beschlussvorlage an den Bezirksbeirat Rohrbach erfahren wir im Hinblick auf die bevorstehende Ausführung des dritten Bauabschnitts von den Plänen des Tiefbauamtes, eine von den bisherigen Vorlagen abweichende Variante umsetzen zu wollen.
Konkret würde diese geplante Umsetzung zum Wegfall sämtlicher vorgesehener Begrünung im betroffenen Areal führen. Begründet wird dies, soweit mir bekannt, mit einer gewünschten Kostenersparnis, gleichzeitig wurde in Aussicht gestellt, dass bei einer Umsetzung, wie ursprünglich geplant, mit einer längeren Ausführungszeit, bzw. mit einem späteren Beginn der Maßnahme zu rechnen wäre.

Der Stadtteilverein wehrt sich im Namen seines Vorstandes mit Nachdruck gegen dieses Ansinnen.
Daran ändern auch nichts die Ausführungen des Tiefbauamtes zur Begründung, wie Sie anlässlich der Bezirksbeiratssitzung vom vergangenen Dienstag getätigt wurden.
Für uns steht die Durchführung des genannten dritten Bauabschnitts in engem sachlichem und tatsächlichem Zusammenhang mit der Umgestaltung unseres Rohrbach Marktes. Nicht zufällig wurden die entsprechenden Planungen vom gleichen Planungsbüro durchgeführt, das in seiner Ausführungsplanung eine durchgängige, gleichartige Ausgestaltung gewählt hat. Mit dieser Planung bestand uneingeschränkt Konsens.

Der Verlust der geplanten Begrünung im Gesamtbereich bedeutet eine derartige Beschneidung in der Qualität, die mit den angeführten Kostenerhöhungen nicht begründet werden kann. Gerade der Stadtteilverein hat darauf verzichtet, die Tatsache, dass für die Umgestaltung des Rohrbach Marktes nicht unerhebliche Mittel aus dem Topf des Sanierungsgebietes Verwendung fanden, zum Anlass größerer Kritik zu nehmen. Unser Interessensschwerpunkt lag damals wie heute darauf, eine möglichst qualitativ hochwertige und insbesondere nachhaltige Fertigstellung der Maßnahme zu erreichen. Den gleichen Interessensschwerpunkt verfolgen wir im Hinblick auf den dritten Bauabschnitt. Schlussendlich handelt es sich bei der betroffenen Örtlichkeit um den Ortseingang von Rohrbach, wir gehen davon aus, dass hier Veränderungen in absehbarer Zeit nicht mehr erfolgen werden. Umso mehr gilt unser Hauptaugenmerk der Umsetzung der ursprünglich geplanten Variante.

Im Ergebnis geht der Statteilverein Rohrbach mit der deutlich manifestierten Ansicht des Bezirksbeirats einig. Ich bitte Sie, diese unsere Auffassung beim weiteren Beschlusslauf zu berücksichtigen und an die Entscheidungsträger weiter zu geben. Aus Rohrbacher Sicht sollte jeder Versuch unternommen werden, diese – wenn tatsächlich durchgeführt – Unterlassungssünde zu vermeiden.

Ich bedanke mich vorab für Ihr Verständnis und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Bernd Frauenfeld

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Auch Grüne und SPD unterstützen unsere Forderungen

Per Mail teilte uns Deckwart-Boller Beate von den Grünen mit, dass sie unsere Forderungen unterstützen. Irmtraud Spinnler von der SPD schickte uns die folgende Erklärung:

SPD unterstützt Baumpflanzungen an der Karlsruher Straße

Die SPD-Fraktion ist dem Rohrbacher Bezirksbeirat dankbar, bei der abschließenden Sanierung der Karlsruher Straße auf die Baumpflanzungen zu bestehen. Es ist nicht nachvollziehbar weshalb im Zusammenhang mit den aufwändigen Baumaßnahmen die einmalige Chance für eine städtebauliche Aufwertung vergeben werden soll. Bekanntermaßen wird dadurch nicht nur der Straßenraum belebt und gegliedert, Bäume haben zudem eine wichtige ökologische Funktion: Die Sauerstoffspender senken im Sommer die Umgebungstemperatur und verbessern deutlich durch Verdunstung das Stadtklima. Unser Bezirksbeirat Bernd Knauber meint dazu: "Wenn die Verwaltung eine unnötige Bushaltestelle vor der Eichendorff-Schule für 500 000 € vorschlägt, die vom Rohrbacher Bezirksbeirat abgelehnt und danach nicht realisiert wurde, sind die Mehrkosten von 160 000 € nicht unverhältnismäßig, sondern für diese Aufwertung sehr gut angelegt." Die SPD-Fraktion teilt diese Sicht und wird deshalb für die Umsetzung der Variante mit den Baumreihen stimmen.

Irmtraud Spinnler